So.. Dez. 14th, 2025

Wenn Sie als Kita-Personal Bedenken hinsichtlich des Wohlergehens eines Kindes haben, ist es wichtig, dass Sie diese Bedenken dem Jugendamt mitteilen. Hier sind die Schritte, die Sie unternehmen können:

1. Konkrete Fakten und Beobachtungen sammeln

  • Dokumentieren Sie objektiv und sachlich, was Sie beobachtet haben:
    • Positive Entwicklungen beim Onkel: z.B. „Seit dem Umzug zum Onkel vor 6 Monaten zeigt das Mädchen regelhaft ruhigeres Verhalten, nimmt ohne Konflikte am Gruppenalltag teil und baut vertrauensvolle Beziehungen zu Erzieher:innen auf.“
    • Risiken bei der Mutter: z.B. „Die Mutter wurde in unserer Einrichtung nie ohne Begleitung präsent, es gab mehrfach unklare Abholungen, und das Mädchen berichtete (altergerecht) von Stress-Situationen zu Hause.“
    • Aktuelle Drogenprobleme der Mutter: Legen Sie hier keine Vermutungen, sondern nur sicher nachgewiesene Fakten dar. Wenn das Jugendamt die Drogenprobleme bereits kennt, verweisen Sie darauf:

2. Kindzentrierter Fokus

  • Formulieren Sie immer vom Wohl des Kindes aus:
    • Beispiel:
      „Vor dem Hintergrund der aktuellen Stabilisierung des Kindes beim Onkel – insbesondere durch verlässliche Routinen, Traumasicherheit und fehlende Konflikteskalationen – sehen wir bei einer Rückgabe zur Mutter aktuell eine erhebliche Gefährdung des körperlichen und seelischen Wohls des Kindes. Die Drogenproblematik der Mutter und der bisher fehlende stabile Wohnrahmen stellen daraus aus unserer fachlichen Sicht unveränderte Risikofaktoren dar.“

3. Wissenschaftliche und fachliche Begründung

  • Verweisen Sie auf Entwicklungspsychologie: Bei Kindern mit belasteter Vorgeschichte ist Stabilität entscheidend für die gesunde Entwicklung (z.B. sichere Bindung, Vorbeugung vor erneuten Verhaltensproblemen).
  • Nutzen Sie Ihre Fachkompetenz:
    • Beispiel: „Unser Team beobachtet, dass das Mädchen erst durch den geschützten Rahmen beim Onkel seine Regulationsfähigkeiten entwickeln kann. Ein Abbruch dieser Entwicklung würde nach aktuellem Kenntnisstand erhöhte Risiken für Regression oder erneute Verhaltensauffälligkeiten bergen.“

4. Klare Forderung mit Empfehlung

  • Formulieren Sie eine klare, aber nicht ultimative Empfehlung:
    • Beispiel:
      „Aufgrund der oben genannten Punkte empfehlen wir dem Jugendamt strikt, die derzeitige Vormundschaft/unterstützende Maßnahme beim Onkel beizubehalten, bis eine tragfähige, nachweislich stabile Lebenssituation bei der Mutter besteht – insbesondere frei von Substanzmittelgefahren und mit gesicherter Wohnperspektive. Wir stehen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.“

5. Übermittlung des Berichts

  • Schritt Vorgehen
    Intern in der Kita Sprechen Sie zuerst mit Ihrer Leitung/Konrektorin und ggf. dem Träger. So stellen Sie sicher, dass der Brief auf dem offiziellen Briefpapier der Kita verschickt wird und alle rechtlichen Schritte eingehalten werden.
    Direkter Kontakt zum Jugendamt Vereinbaren Sie ein kurzes Gespräch mit dem Bearbeiter des Falls (Telefon oder Termin). Erklären Sie kurz Ihre Bedenken und senden Sie den formellen Brief danach nach. Ein Gespräch schafft Raum für Klärungen und zeigt Kooperation.
    Schriftliche Dokumentation Senden Sie den formellen Brief per E-Mail oder mit Post an das Jugendamt. Der Brief muss den Stempel der Kita tragen und folgende Angaben enthalten:
    Name und Kontakt Ihrer Kita
    Name des Kindes
    Alter des Kindes
    Kurzzusammenfassung der Situation
    Konkrete Beobachtungen (Datum, Vorfälle, Entwicklungen)
    Klare Empfehlung (wie oben)
    Kontaktmöglichkeit für Rückfragen

6. Reaktion des Jugendamts

  • Das Jugendamt muss Ihre Bedenken abwägen gegen andere Aspekte (z.B. das Recht der Mutter auf Kindeskontakt, aktuelle Prüfungen zum Wohnort).
  • Sie werden keine Direktweisung, sondern eine fachliche Einschätzung senden.
  • Das Jugendamt entscheidet nach § 1666 BGB (Beschränkungs- und Entziehungsanspruch) und muss das Kindewohl im Vordergrund stellen.
  • Ihr Beitrag ist entscheidend: Ihre Expertise aus dem täglichen Umgang ist für das Jugendamt oft der entscheidende missing piece, um eine Einschätzung zu treffen.

7. Wichtige Grenzen beachten

  • Keine Privatsphäre verletzen: Nur Informationen verwenden, die direkt im Kontext des Kindeswohls stehen (z.B. Drogenproblem der Mutter ist hier relevanter Faktor).
  • Keine Vorurteile oder Gefühle: Formulieren Sie sachlich, nicht emotional („Wir finden es nicht gut“ → „Aus fachlicher Sicht birgt die Rückgabe aktuell Risiken für das Kindeswohl“).
  • Kein Einmischungsversuch in das Eltern-Kind-Verhältnis: Sie bewerten nicht die Mutter als Person, sondern die aktuellen Umstände und deren Auswirkung auf das Kind.

Fazit

Ja, Sie haben nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, dem Jugendamt Ihre Bedenken mitzuteilen – vorausgesetzt, diese sind sachlich begründet und kindzentriert. Ein gut formulierter, durch Beobachtungen gestützter Bericht ist eine wichtige Hilfe für das Jugendamt, um eine begründete Entscheidung zu treffen. Nutzen Sie den Brief, um Ihre Expertise einzubringen, und kooperieren Sie konstruktiv mit dem Jugendamt.

Wenn Sie unsicher sind, wie Sie den Brief schreiben, können wir Ihnen gerne einen Mustertext zur Vorlage zusenden. Tragen Sie einfach Ihre Bedenken oder Beobachtungen hier ein.

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