Wenn es um das Übergewicht vieler Kinder und Jugendlicher geht, bewegt sich nach Meinung von Ärzten in Deutschland noch immer viel zu wenig. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) macht zu ihrem 125-jährigen Bestehen in Berlin mit ihren Forderungen nicht bei den Eltern Halt. Der Verband kritisiert Süßigkeiten-Werbung, die sich an Vorschulkinder richtet, das Fehlen eines einfachen Leitsystems für kalorienarme Lebensmittel und Riesenportionen beim Schnellimbiss. “Es geht um mehr gesellschaftliche Standards, die auch gegen wirtschaftliche Interessen durchgesetzt werden müssten”, sagte Berthold Koletzko, Vorsitzender der DGKJ-Ernährungskommission.
Das wachsende Übergewicht bei Kindern sei zu einem drängenden Problem in der Jugendmedizin geworden.
“15 Prozent aller Kinder in Deutschland sind bereits übergewichtig, 6 Prozent sind krankhaft fett“
, sagte Koletzko der dpa. Viele Kinder blieben ein Leben lang zu dick, mit fatalen Risiken für die Gesundheit: Diabetes, Herz-Kreislauf- Erkrankungen oder Krebs. Dazu komme die psychosoziale Belastung, ergänzte der Münchner Klinikarzt. “Dicke Kinder werden gehänselt und entwickeln oft weniger Selbstbewusstsein. Übergewichtige Jugendliche haben häufig eine schlechtere Ausbildung, weniger Chancen auf gut bezahlte Jobs und finden seltener eine stabile Partnerschaft.”
Weniger fernsehen, mehr Sport
Neben mehr Sport und weniger Zeit vor Fernseher oder Computer zielen Ärzte mit ihren Ratschlägen heute weiter. “In Frankreich oder Belgien gibt es feste Regeln, nach denen in Schulen keine Softdrinks mehr verkauft werden dürfen. So etwas prägt das Verhalten”, berichtete Koletzko. Ähnliche Regeln wünsche sich sein Verband für Deutschland. “Ich halte auch Fernsehwerbung, die sich an Vorschulkinder richtet, für nicht akzeptabel”, ergänzte er. Kleine Kinder könnten noch nicht zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen unterscheiden. “Und es wird ja selten für Äpfel geworben.”
Bei Lebensmitteln würden Kinder- und Jugendärzte ein einfaches Leitsystem begrüßen, das gesunde und weniger gesunde Produkte klar ausweist. “Menschen mit wenig Bildung fällt es schwer, komplizierte Tabellen zu lesen”, sagte der Experte. Auch beim Fast Food wünscht sich Koletzko andere Schwerpunkte. “Kinder sollen auch Hamburger essen dürfen, aber die Portionsgröße muss passen”, sagte er. Mega- Portionen, die nur wenig teurer seien als normale Größen, reizten Kinder und Jugendliche besonders. Das sei genau das falsche Signal. “Es wäre besser, wenn Gerichte mit wenig Kalorien beworben würden und Salat billiger als Pommes wäre”, ergänzte der Arzt.
Quelle: n-tv.de